April 24, 2014

Die Aushöhlung Der Demokratie: Wie der Bedeutungsverlust der Wahlen Ungleichheit und Ungerechtigkeit befördert

John Nichols

Die Vereinigten Staaten sind das Leuchtfeuer für Freihet, Demokratie und unbegrenzte Möglichkeiten – Werte, die bereits seit der Gründung in der gefeierten US-Verfassung festgeschrieben sind. So erzählt man sich jedenfalls. Die Wahrheit ist leider weitaus komplizierter. Wie so häufig lautet die entscheidende Frage nämlich: Freiheit, Möglichkeiten und Demokratie für wen?

Denken wir an das Urteil zur Wahl Bush gegen Gore, welches dem individuellen Bürger gewissermaßen das konstitutionelle Wahlrecht absprach, das Citizens-United-Urteil, welches Unternehmen freien Lauf beim Erkaufen von Wahlen ließ, sowie die zahlreichen neueren Versuche, den Voting Rights Act, die zentrale Errungenschaft der Bürgerrechtsbewegung 1965, zu demontieren oder auszuhöhlen, so müssen wir erkennen, dass sich die US-Demokratie – und damit der „Amerikanische Traum“ – in einem Zustand der Dysfunktionalität und des Zerfalls befinden.

Wir leben in einem Staat von Plutokraten und Dollarokratie, in dem Milliardäre wie die Koch-Brüder und Medienmogule wie Rupert Murdoch unvergleichbaren Einfluss auf das Wahlverfahren ausüben. Ihr Ziel sind dreckige politische Verfahren, bei denen die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger behindert und das Wahlrecht denjenigen, die wirklichen Wandel wählen wollen, sogar direkt entzogen wird. Das bedeutet Möglichkeiten, Freiheiten und Demokratie für die Reichen – und die Verminderung von Chancen für den Rest von uns. Es wäre nicht ganz so schlimm, wenn diese Attacken auf die Demokratie nur von den üblichen Gegnern aus der rechten Szene ausgingen. Doch der sozialistische Senator Bernie Sanders aus Vermont bemerkt: „Obwohl die Demokraten im Vergleich mit den radikal rechten Republikanern natürlich vorzuziehen sind, wäre es sehr naiv zu glauben, dass die Demokraten nicht auch enorm von den Interessen der Vermögenden und der Konzerne beeinflusst werden.“

Was muss geschehen? Eine Reihe linker Bewegungen wie die Fast-Food-Streiks, Demonstrationen für die Rechte der Einwanderer, die Moral-Monday-Proteste gegen die republikanische Politik in North Carolina sowie die Kampagne für einen Mindestlohn von 15 Dollar bieten einige Antworten. Dieser Aktivismus findet jedoch weitgehend außerhalb des Bereichs der Wahlpolitik statt. Und obgleich diese Bewegungen zweifellos wichtig sind, brauchen wir genauso viel aktivistische Energie für einen erneuten Kampf, um unsere Demokratie zurückzugewinnen – und unsere Stimme wiederzuholen.

In diesem Essay beschreibt der Politikjournalist John Nichols das Auf und Ab in der Geschichte der der US-Demokratie und erklärt, wie wir auf dem gegenwärtigen Tiefpunkt gelandet sind. Umso wichtiger sind seine Vorschläge, wie wir unsere Wahlen wiederbeleben können. Nichols berichtet aus Washington für die Wochenzeitung „The Nation“ und ist Autor zahlreicher Bücher, einschließlich „The S Word: A Short History of an American Tradition… Socialism“. Außerdem ist er Verfasser von „Die Welt von Neuem beginnen“, einer Studie über die Proteste in Wisconsin 2011 und 2012, die von dem New Yorker Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung veröffentlicht wurde.


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