Dezember 3, 2018

Atomenergie und Klimaaktion

Tim Judson

Eine Einschätzung für die Zukunft

Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kernenergie zu einer immer wichtigeren Energiequelle wurde, wuchs auch die Zuversicht hinsichtlich der Möglichkeiten dieser scheinbar unbegrenzten, sauberen und, auf lange Sicht, ökonomischen Ressource. Das ungelöste Problem der Beseitigung von Atommüll – der sich nur sehr langsam zersetzt, mit einer Halbwertszeit von bis zu 15.7 Millionen Jahren – bestand zwar von Anfang an, wurde jedoch weitgehend ignoriert. Man setzte die Hoffnungen darauf, auf lange Sicht eine Lösung für dieses Problem zu finden – eine Lösung, die es bis heute jedoch nicht gibt.

Diejenigen, die der Kernenergie seit jeher skeptisch gegenüberstanden, fanden sich in den Unfällen von Three Mile Island im Jahr 1979, Chernobyl im Jahr 1986 und Fukushima im Jahr 2011 bestätigt. Insbesondere nach den Vorfällen in Chernobyl und Fukushima wurden Forderungen nach einem Atomausstieg laut. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, entwickelten Pläne für einen vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft. Angesichts des akuten Klimawandels sowie der dringlichen Notwendigkeit, aus fossilen Industrien auszusteigen, setzen sich heute jedoch Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen wieder vermehrt für die übergangsweise Nutzung von Kernenergie ein. Sie begründen dies damit, dass auf diese Weise kurzfristige Engpässe in der Energieversorgung vermieden werden könnten, die aus der Unzuverlässigkeit erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie resultieren würden.

In dieser wichtigen neuen Studie setzt sich Tim Judson, anerkannter Nuklearexperte und Direktor des Nuclear Information and Resource Service, mit dem Mythos von der zentralen Bedeutung der Atomenergie auseinander. Ausgehend von einer theoretisch fundierten Position zeigt der Autor anhand realer Ereignisse auf, welche konkreten Herausforderungen die Produktion von Nuklearenergie sowohl für die Umwelt als auch für unsere Wirtschaft darstellt.

Judson stellt dar, wie die Herstellung von Atomenergie nicht nur langanhaltende Auswirkungen auf die natürliche Umwelt hat. Der Abbau und die Verarbeitung von Uran sowie die Beseitigung von Atommüll schädigen auch unsere Gemeinden – und insbesondere die Gemeinden von Minderheiten – auf dauerhafte Weise. Obwohl diese Studie sich vor allem mit der Herstellung und Nutzung nuklearer Energie in den USA sowie möglichen Ausstiegsszenarien beschäftigt, können die hier gewährten Einblicke auf andere Kontexte weltweit angewandt werden. Vor dem Hintergrund des globalen Klimawandels zeigt der Autor den Weg in eine atomfreie, nachhaltige Zukunft auf.

Mit der Publikation dieser Studie bietet das New Yorker Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung Leser*innen die Möglichkeit, sich kritisch mit den Möglichkeiten und Gefahren atomarer Energie sowie mit der Frage ihrer Nutzbarkeit als Übergangstechnologie auseinanderzusetzen.


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